Das WetDogCollective über sein Projekt Wenn Haifische Menschen wären

Jihae An, Jakob Grebert und Yeongbin Lee lernten sich an der Muthesius Kunsthochschule kennen. Ihre Ansätze formierten sie bald in dem Versuch einer gemeinsamen Sprache – unter dem Namen WetDogCollective (zuvor Studio18). 18 Arbeiten sind seit 2013 daraus entstanden. Am 8. Juni haben sie im Anscharpark nun ihr neues Projekt vorgestellt. Ein 50 Quadratmeter großes, auf Keramikfliesen gemaltes, chaotisches Gemälde über das Leben in einer Welt mit Klimawandel – der Titel: Wenn Haifische Menschen wären. Entstanden ist es in Zusammenarbeit mit fünf Kieler Schulklassen unterschiedlicher Jahrgänge, die sich durch Kinderbücher und literarische Texte, zum Beispiel von Bertolt Brecht, zum Denken und Malen anstoßen ließen. Kinder, die Bilder von der Zukunft malen – wem hilft das? Löst soetwas die Probleme des Klimawandels, oder ist es immerhin Kunst?  

DER ALBRECHT: Warum eigentlich Wet Dog

Jakob: Es gibt ja dieses Bild: Im Regen stehen wie ein nasser Hund. Im Grunde sind wir die Generation, die in Sachen Klimawandel dasteht wie ein nasser Hund im Regen. Eine Generation, die es ‚ausbaden‘ muss. Wobei wir das eigentlich schon nicht mehr sind. (A.d.R: Die Künstler:innen des WetDogCollective sind über 30 Jahre alt.) 

Habt ihr euch deshalb dazu entschieden, mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten? 

Jihae: Ja genau, das war der Reiz. Wir haben schon oft mit Schüler:innen zu politischen Themen gearbeitet. Denn sie sind die Generation, die leider lernen muss, mit Problemen wie Umweltverschmutzung und Klimawandel zu leben und umzugehen. 

Wie kann sie damit umgehen? 

Jihae: Es erschien uns neu und notwendig, aus dem Umgang mit diesem bedrückenden Thema einen kreativen, spielerischen Prozess zu machen. Das Problem in anderer Art und Weise existieren zu lassen.  

Jakob: Was uns beim Thema Klimawandel begegnet ist natürlich sehr viel wissenschaftliche Information. Die wird immer in einem warnenden Gestus kommuniziert: Da wird eine Grafik gezeigt, und es wird irgendwie rot und dann geht es hoch. Vielleicht liegt die Schockstarre beim Finden und Umsetzen von Lösungen auch daran, dass das Thema zu resignativ kommuniziert wird. Vielleicht könnte ein spielerischer Umgang mit dem Problem Klimawandel eine Hürde abbauen und dazu führen, dass sich überhaupt damit auseinandergesetzt wird. 

Haben die Schüler:innen die literarischen Ansatzpunkte entsprechend ihres Alters unterschiedlich reflektiert?  

Jihae: Die kleinen Kinder hatten mehr Fragen und sind humorvoll mit dem Thema umgegangen, während die älteren Schüler:innen wie Erwachsene gearbeitet haben. In dem Kinderbuch Die Schnecke und der Buckelwal von Julia Donaldson geht ein Buckelwal mit einer Schnecke auf Weltreise. Als sich der Buckelwal durch den Lärm der Menschen verirrt und strandet, schleicht die Schnecke in eine Schule und schreibt mit ihrem Schleim einen Hilferuf auf die Tafel. Was wir mit dem Text vermitteln wollten, haben wiederum unsere Schüler:innen aus der ersten Klasse, glaube ich, nicht recht verstanden. Die fanden das eher sehr witzig und haben ihre Omas am Strand gemalt und allen Figuren ein Lächeln ins Gesicht.  

Jakob: Den Science-Fiction-Roman The Ministry for the Future von Kim Stanley Robinson hingegen haben die Schüler:innen der zwölften Klasse witzig weiterentwickelt. Sie haben sich zum Beispiel ausgedacht, dass 2036 Dwayne ‚The Rock‘ Johnson als Präsidentschaftskandidat antritt und haben dazu ein Wahlplakat gemalt. 

Was genau hat euer Ansatz mit aktivistischer und politischer Kunst zu tun? 

Jihae: Aktivistische Kunst ist ja schon seit langer Zeit ‚in‘. Ganz oft ist das Problem dabei, dass es mehr darum geht, ganz kurz sehr laut zu sein und viel Aufmerksamkeit zu generieren. Das wirkt auf mich oft wie TikTok. Und: Die Aktion wird überhaupt nur in der Kunstszene rezipiert. Wir wollten uns eher auf Inhalte fokussieren und Leute einbringen, die sonst nichts mit Kunst zu tun haben. 

Jakob: Ich bin selbst nicht so ganz sicher, wie viel aktivistische Kunst bringt – darf ich sowas überhaupt sagen? Häufig sind politische Probleme in der Kunst auch eine Vorlage für super schlaue, schwer zugängliche Arbeiten, die sich dann in der Kunstwelt im Kreis drehen. Wenn Klimawandel in solchen Kreisen Thema ist, geht es darum, das Problem irgendwie philosophisch zu verstehen – was ja auch sinnvoll sein kann. 

Yeongbin: Oder etwas unmenschlich. Diese intellektualistischen Gespräche über existenzielle Notlagen sind auch irgendwie unmenschlich.  

Vielen Dank für das Gespräch! 

Das Kunstwerk wurde einmalig am 8. Juni präsentiert. Das Kollektiv und die Stadt arbeiten im Moment daran, es für längere Zeit fest am Germaniahafen zu installieren.  

Autor*in

Nicholas studiert Deutsch und Philosophie an der CAU. Seit dem Sommersemester '22 erst schreibt er für den Albrecht.

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