Wie sich die Universität in eine Convention verwandelte

Nach viel zu langer Zeit war es endlich wieder so weit: Die Uni-Con an der CAU Kiel fand wieder statt! Normalerweise ist das ein jährliches Vorhaben. Wer sich fragt, was auf der Uni-Con passiert, muss nur die beiden Begriffe ‚Convention’ und ‚Fantasy’ zusammenbringen und kriegt eine grobe Idee. Doch es ist nicht nur auf Fantasy beschränkt. Auch Science-Fiction, LARP, Tabletop und Pen & Paper finden ihren Platz bei dieser Veranstaltung. Ich war auch mit dabei und schaue sowohl bei den Aussteller*innen als auch bei den Organisator*innen hinter die Kulissen und nehme euch dabei mit.

Hinter den Kulissen

Alles beginnt am Samstag, den 28. Oktober um 10 Uhr morgens in der OS75. Zumindest für mich. Schon am Freitag zuvor wurde alles für die Con aufgebaut, doch für den Arbeitskreis Fantasy (AKF), der diese Veranstaltung selbstständig organisiert, beginnen die Grundzüge der Planung schon früher. „Normalerweise wird die Uni-Con mit mindestens einem halben Jahr Vorlauf geplant“, erzählt mir Nathalie, die Schriftführerin des AKF. „Aufgrund der organisatorischen Umstände haben wir dieses Mal leider nur etwa vier Monate gehabt, um alles zu regeln.“ Sie und auch Gwydion, Vorstandsvorsitzender des AKF, haben sich dazu bereit erklärt, mir vorab ein Interview zu der Uni-Con zu geben. „Das ist jetzt die 45. Uni-Con“, sagt mir Gwydion. Nathalie fügt hinzu, dass die Con erst nur aus kleinen Pen-and-Paper-Runden für Externe – sowohl Studierende außerhalb des Vereins als auch Nicht-Studierende – bestand und daraus später eine Kooperation mit Künstler*innen, Autor*innen und anderen Hobby-Vereinen entstand.

Auf dem Weg zur Uni-Con

10 Uhr am Wochenende ist für mich als Nachteule eigentlich viel zu früh.  Das Orga-Team ist schon vor Ort, um alles zu koordinieren, doch die meisten Besucher*innen strömen erst etwas später auf das Gelände, sodass den ganzen Tag etwas los ist. Und das Beste ist: Der Eintritt ist kostenlos!

Ich bin zusammen mit meinem Freund Malte da, der schon sehr viele Jahre in der Community zuhause ist und sich dementsprechend gut in fast jedem Bereich auskennt, der auf der Con vorgestellt wird. Wie es sich gehört, trägt er auch ein LARP-Outfit. 

Erste Station: Action pur!

So geht es auch genau dort als erstes hin: Zum LARP-Stand. Dort werden allerhand Waffen zum Ausprobieren zur Verfügung gestellt. Zum Beispiel Schießen mit Pfeil und Bogen, das Werfen einer Axt und das Kämpfen mit Schild und Schwert. Schon hier fällt mir eine Sache besonders auf, die im Laufe meines Besuches noch verstärkt wird: Das Klischee des Keller-Nerds ist nichts weiter als genau das. Ein Klischee. Denn die Con ist nicht nur bunt und divers, sondern auch sehr offen und gesellig. Jede*r erzählt und erklärt freudig und mit großer Geduld sogar einem absoluten Neuling wie mir die Aspekte des Hobbys. 

So ist zum Beispiel LARP, was für Live Action Roleplay steht, ein überaus geselliges Hobby, da man es nicht allein betreiben kann. Dies bestätigt mir auch Marvin, der zum ersten Mal auf der Uni-Con als Aussteller für den LARP-Stand mit dabei war und seinen Kumpel Waldemar als Unterstützung dabeihat. Er zeigt mir auch direkt, wie man ein Schwert schwingt. Das war schon lustig, jemanden mit Erlaubnis mit einer Waffe zu verhauen. Dieses doch optisch wilde Hobby ist aber nicht so gefährlich und die Sanitäter*innen sind nur für den Notfall vor Ort. Sicherheit geht eben immer vor. Sie kennen sich auch mit LARP aus und erklären mir, dass es nicht immer nur um das Mittelalter gehen muss, sondern auch alle anderen Settings möglich sind, wie etwa die Moderne, Sci-Fi oder die Postapokalypse. Da scheint ja für alle was dabei zu sein.

Zwischen Nostalgie und Neuheiten

Danach besuche ich die etwas ruhigeren Räume von S2, wo nicht nur zur Stärkung eine Kantine aufgebaut ist, sondern auch alle möglichen Gesellschaftsspiele angeboten werden. Sogar eine uralte Nintendo-Konsole steht für die Besucher*innen bereit, um nochmal in die Kindheit abzutauchen. 

Eigentlich dachte ich, klassische Brettspiele zu kennen, doch das, was hier geboten wird, ist wirklich ausgefallen. Spiele, die ich aus meiner Kindheit kenne, stehen neben welchen, die ich noch nie gesehen habe und das gleich hundertfach. An einem der Tische sitzen einige Besucher*innen, die ein sehr aufwendig aussehendes Brettspiel spielen, das noch mindestens vier Stunden gehen wird. Bei einem kurzweiligen Murmelspiel mache ich auch mit, weil es wirklich nur fünf Minuten dauert, und am Ende gewinne ich sogar. Natürlich alles reines Talent.

Im nächsten Raum kommt Malte voll auf seine Kosten, denn hier stellt die Gruppe Soldurii, ein Hobbyclub aus Neumünster, Tabletop vor. Auf aufwendig gestalteten Spielfeldern gibt es winzige Figuren zu bestaunen, die alle von Hand bemalt wurden. Denn nicht nur das Spielen ist eine Komponente von Tabletops, die Miniaturen müssen zusammengebaut und angemalt werden. Es gibt mehrere Themen zu sehen: Ein doch eher futuristisches mit Robotern und Cyborgs, eines mit kleinen Hütten und Zwergen, das an mittelalterliche Szenen erinnert, ein anderes wiederum mit Schiffen im Weltall und das letzte ausgestellte Spiel des Clubs zeigt zusammengeschusterte Autos, die man vielleicht aus Filmen wie Mad Max kennt. Auf meine Frage, woher denn der Name Soldurii käme, erzählt mir Kevin, Vorstand des Clubs, dass er aus einer Runde entstanden ist und auf Deutsch ‚die Getreuen’ bedeutet. Bei dem futuristischen Spiel bleibt Malte interessiert stehen und kommt mit Gideon, ebenfalls aus dem Vorstand von Soldurii, ins Gespräch. Obwohl sich die beiden noch nie zuvor in ihrem Leben begegnet sind, können sie sich sehr begeistert und ausführlich über dieses Hobby unterhalten. Zugegeben, verstehe ich nicht alles, aber es ist trotzdem richtig spannend. Und ich bekomme gleich selbst Lust, in dieses Hobby zu schnuppern. 

Miteinander reden ist ein Muss

Auch das schon eher bekannte Pen & Paper ist mit Unmengen sozialer Aktivität verbunden, denn wo man beim Tabletop die Modelle noch sehen und beim LARP die Gewandung anfassen kann, findet beim Pen & Paper alles in der Fantasie statt und muss daher größtenteils verbal verbildlicht werden. Auf der Uni-Con bekommt auch Pen & Paper einen Raum, um mehrere kurze oder auch längere Oneshots vorzustellen. Oneshots sind Spielsitzungen, die man meistens in einem Rutsch, also in zwei bis vier Stunden, durchspielen kann und sind nichts langfristiges wie beispielsweise Kampagnen. Dann trifft sich die Gruppe regelmäßig zu Sitzungen und insgesamt kann das von zehn Treffen bis zu mehreren Jahren gehen. Je nach Ausdauer und Lust der Spieler*innen. 

Cosplays, wohin das Auge reicht

Auf dem Weg zu S3 laufen wir Gwydion über den Weg, der uns mitteilt, dass in einer Viertelstunde der Cosplay-Wettbewerb stattfindet und fragt, ob Malte mit seinem LARP-Charakter nicht auch mitmachen möchte. Die Antwort: Na klar! Gwydion erklärt uns aber, dass es kein Wettbewerb im ursprünglichen Sinne ist. „Wir küren keine*n Gewinner*in, aber geben den Leuten dennoch eine Bühne, um die Gewandungen zu präsentieren.” Viele Menschen versammeln sich im Flur vor S2 und eine Person des AKF startet die Vorstellung mit dem eigenen Cosplay, als Buggy der Clown von One Piece. Nach und nach werden auch die anderen Personen mit Cosplays oder Gewandungen auf die ‚Bühne’ gebeten – die die Mitte des Kreises darstellt. Sie sollen erklären, wer oder was sie darstellen und wie sie ihr Cosplay oder Kostüm zusammengestellt haben. Einige erzählen, dass sie alles oder Teile ihrer Kostüme selbst gemacht haben. Marvin vom LARP-Stand ist auch dabei und zeigt mit seinem Kumpel Waldemar, wie ein LARP-Kampf in etwa abläuft. Dann tritt Malte in den Kreis und stellt sich als sein LARP-Charakter Peon vor. Er spricht zu dem Publikum und erzählt aus dem Leben des Charakters. Am Ende jeder Vorstellung gibt es natürlich tosenden Applaus. 

Als alle Cosplays vorgestellt sind, löst sich der Pulk wieder auf und alle strömen in unterschiedliche Richtungen davon, um noch mehr von der Uni-Con zu entdecken, denn es gibt noch viel zu sehen.
 
Von diesem kleinen Event aufgehalten, geht es nun zum S3 Gebäude, das sich ganz den kreativen Künstler*innen verschrieben hat. 

Von Büchern zu Handwerkskunst

Hier stellen Autor*innen ihre Werke vor und man kann sich frei mit ihnen unterhalten, in ihre Werke schnuppern und aus erster Hand erfahren, wie die meisten Geschichten entstanden sind. Eine Autorin erzählt von ihrer Fantasy-Reihe mit Intrigen, Liebe und auch etwas Blut. Davon ist ihre Oma nicht besonders begeistert, weil sie so etwas nicht von ihrer Enkelin erwartet hätte. Deswegen liegt auch ein kleines Schildchen auf dem Tisch mit Not Grandma Approved. Viele der Autor*innen halten auch Lesungen an dem Tag. Trotz der ganzen Literatur, die ich eh schon für die Uni lesen muss, juckt es mich da doch sehr in den Fingern, endlich mal wieder ein gutes Buch zu verschlingen. Bevor ich also die Stände noch leer kaufe, zwinge ich mich, weiterzugehen. Zeichner*innen stellen stolz ihre Kunst aus. Und selbstgemachte Plüschtiere, wie superniedliche Kugel-Schnabeltiere, kann man hier genauso erwerben wie Kissenbezüge mit z.B. dem Motiv seines Lieblings Anime-Charakters.

In einem Raum komme ich ins Gespräch mit einer netten Dame, die ihre eigene Fantasy-Gewandung näht. Ich erzähle ihr, dass auch ich gerne handwerklich arbeite und zeige ihr eine selbstgehäkelte Mimic-Truhe von mir, die Malte für seinen Charakter dabeihat. Eine Mimic ist ein Monster, was sich als unbelebtes Objekt tarnt. Auch bei vielen anderen kommt sie gut an.

Aufhören, wenn’s am schönsten ist

Erst jetzt schaue ich mal auf meine Uhr und erschrecke ein wenig. Es ist schon fast 16 Uhr. Wie schnell doch sechs Stunden vergehen können. Ich merke auch, wie schwer meine Beine schon sind vom vielen Herumschlendern. Es wird langsam Zeit, den Heimweg anzutreten. 

Noch einmal komme ich auf Marvin zu und frage ihn, wie ihm die diesjährige Con gefallen hat. „Ich kann es natürlich nicht mit vorherigen Malen vergleichen, aber es ist eine gute Gelegenheit für den Austausch von Ideen und Kontakten.“ Am besten habe ihm gefallen, dass sich so viele Leute an seinem Stand am Bogenschießen ausprobiert haben. Marvins Fazit ist, dass ihm die positive Resonanz von allen Seiten gut gefallen habe, aber ein wenig mehr Deko im Gebäude und ein übersichtlicher Lageplan wünschenswert gewesen wären. Malte macht noch eine letzte Runde, um sich von alten Freunden und neuen Bekanntschaften zu verabschieden, ehe wir zum Auto gehen. 
Müde, hungrig, aber gut gelaunt und voller neuer Eindrücke fahren wir die Olshausenstraße entlang und sehen, dass immer noch Leute zum Congelände kommen.


Autor*in

Lisa ist 26 Jahre alt und studiert seit dem Wintersemester 20/21 Deutsch und empirische Sprachwissenschaft auf Fachergänzung. Seit November 2021 ist sie Teil der Redaktion und des Lektoratsteams und hat im Januar 2022 die Leitung des Lektorats übernommen.

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