– ACHTUNG SPOILER – WEITERLESEN AUF EIGENE GEFAHR –

 

Diese Rezension setzt Kenntnis des Star Wars Universums voraus und ist nicht immer ganz ernst gemeint. Absurditäten der deutschen Übersetzung sind zugunsten der englischen Begrifflichkeiten liquidiert.

Star Wars Episode VII endet mit einem Cliffhanger: Auf einer moosigen Insel inmitten des Meeres irgendwo in einem Winkel der Galaxis streckt Rey (Daisy Ridley) Luke Skywalker (Mark Hammil) sein altes Lichtschwert entgegen. Doch beginnen wir am Anfang: Poe Dameron (Oscar Isaac) ist Pilot der von General beziehungsweise Prinzessin „to me she’s royalty“ Organa (Carrie Fisher) geleiteten Resistance – ihr bester. Auf dem Wüstenplaneten Jakku erhält er von Max von Sydows bester Alec Guinness Reminiszenz geheime Informationen, die den Weg zum seit Jahren verschwundenen Jedi Luke Skywalker offenbaren. Der aus der Asche des Imperiums entsprungene First Order ist ihm aber dicht auf den Fersen und so verliert er die Freiheit und Max von Sydow (wen der Charaktername dringend interessiert, schaue bitte die Credits) den Kopf. Sydows Henker ist Adam Driver, der es diesmal aber nicht auf eine Feministin aus dem Mittleren Westen abgesehen hat. Er möchte das Erbe seines Großvaters zu Ende führen. Als Kylo Ren ist er Enkel Anakin Skywalkers, besser bekannt als Darth Vader (sein Idol), damit Sohn Han Solos (Harrison Ford) und Prinzessin Leias sowie einer von drei Oberbösewichten. Die anderen sind Snoke (Andy Serkis) und General Hux (Domnhall Gleeson). Während Snoke an den Imperator der alten Trilogie erinnert und ihm gleich nur als – immerhin einfamilienhausgroßes – Hologramm auftritt, mimt Gleeson in seinem Auftreten Grand Moff Tarkin 2.0 (wer sich erinnert: 1977 von Peter Cushing gespielt und im ersten Todesstern dem Sternenstaubkreislauf rückgeführt).

Star Wars: The Force Awakens Ph: Film Frame © 2014 Lucasfilm Ltd. & TM. All Right Reserved..
© 2014 Lucasfilm Ltd. & TM. All Right Reserved.

 

Die Story als solche ist ein Reboot des Best-Of der Originaltrilogie. Poe Dameron wird gefangen genommen und von einem „traitor“ namens Finn, der sein bisheriges Leben als FN-2187 verbracht hat: seine Dienstnummer als Sturmtruppler, (John Boyega) auf der Flucht vor der Pflicht befreit. Die beiden stranden auf der Suche nach einem Droiden mit essentiellen Informationen, der abhanden gekommen ist auf einem Wüsteplaneten, Dameron wird für tot gehalten, Finn findet in Riley eine neue Weggefährtin und – weil man wieder mal gejagt wird – den Millenium Falcon, der dann prompt von seinen alten Besitzern Han Solo und Chewbacca (Peter Mayhew) aufgelesen wird. Rey und Finns zweite Flucht, die dritte für Finn und die vierte des Films, führt schließlich zu Maz Kanata (Lupita N’yongo verdreifacht für diese Rolle ihr Gesichtsalter dank CGI) und ihrer Bar voller komischer Gestalten. „Don’t stare – at any of it“, warnt Han seine Crew. Maz ist im Besitz Lukes Lichtschwert, das, so will es die Macht, mit Rey weiterreisen soll. Ein Angriff des First Order führt zur mehr oder weniger fünften Flucht des Films und einem Besuch bei den rettend in Erscheinung tretenden Leia und Co. Rey wurde von Kylo Ren mitgenommen. Bei der Resistance schließlich hilft der fahnenflüchtige Finn mit seinen Kenntnissen der Superwaffe des First Order, die mehrere Planeten gleichzeitig für intergalaktische Schnellstraßen aus dem Weg räumen kann. Ein Angriff in zwei Wellen (hat jemand Return of the Jedi gesagt?) wird geplant und die Vorhut startet. Die Vorhut wird vorerst aufgehalten und die zweite Welle der Verzögerung langsam dezimiert (Abrams kann es einfach nicht lassen). Nachdem Kylo Ren seinen Vater getötet hat – was wagte er es auch, ihn nach dem Mann, der seinen Grovater verriet „Ben“ zu benennen – entbrennt ein Kampf, in dem Chewbacca zig Sturmtruppen tötet und Finn sowie Rey ihr Talent am blau glühenden Lichtstrahl beweisen können. Alle drei und Kylo Ren überleben mit mehr oder weniger starken Blessuren. R2-D2, der sich bisher ob Lukes Verschwinden im Trauerkoma befand, erwacht zu neuem Leben und stellt die fehlenden Infos zu Lukes Status Quo bereit. Rey küsst den bewusstlosen Finn auf die Stirn und findet Luke, der Film endet mit einer wunderschönen Landschaftsaufnahme einer steinigen irischen Klippeninsel.

Star Wars: The Force Awakens L to R: Finn (John Boyega), Chewbacca (Peter Mayhew), and Han Solo (Harrison Ford) Ph: Film Frame © 2014 Lucasfilm Ltd. & TM. All Right Reserved..
Finn (John Boyega), Chewbacca (Peter Mayhew) und Han Solo (Harrison Ford) v.l.n.r. © 2014 Lucasfilm Ltd. & TM. All Right Reserved..

Abrams Film ist das, was Fans zwischen dämlich-glückseligem Grinsen und Pipi in den Augen zurücklässt während George Lucas abfällig-enttäuscht daherguckt. Tropen aus der alten Trilogie gibt es zuhauf, parallele Konstruktionen werden fast bis zum Erbrechen bedient: Wüstenkind mit geheimnisvoller Herkunft und Machtbegabung, eine Bar voller komischer Charaktere, Kopfgeldjäger als Informanten, dicke Aliens mit in unserer Galaxis für sie unerreichbaren Frauen, die Jedi und die Macht als Legende mehr denn Realität, Dogfights, Vater-Sohn-Konflikt – Stück für Stück werden die Topoi der ersten Trilogie hervorgekramt, aufpoliert und ausgestellt. Leichte Veränderungen geben dem ganzen jugendlichen Charme, überhaupt ist der Film deutlich charmanter als alle sechs davor. Anders als Leia ist Rey nicht hochwohlgeboren und künstlich frigide, sondern selbstbewusst und eine Macherin, keine Jungfrau in Nöten, sondern eine Machtbegabte, die sich selbst retten kann. Finn und Rey haben eine Chemie, die Hans Vergewaltigerrhetorik und strotzendes Selbstbewusstsein in Kombination mit Leias Angst vor dem Outlaw nicht bieten konnte. Wenn Kylo Ren vor den Augen eines Offiziers ein Bedienpult aus Wut zerstückelt, ist er menschlicher als sein großes Vorbild Vader es je sein konnte. Er ist ein Mensch, der Emotionen offen zeigt, kein roboteresquer kaltblütiger Mörder. Der größte Gewinn, den Abrams Film der momentanen Heptalogie beschert ist allgemein die Menschlichkeit der Charaktere. Finn macht dumme Witze, zeigt kindliche Begeisterung, jugendliche Überforderung. Durch seinen Blick sind die Sturmtruppen nicht Mörder in weiß, sondern Menschen, die an ihrer perversen Aufgabe zum Teil zerbrechen. Als ein ehemaliger Kamerad ihn „traitor“ nennt und angreift, ist das nicht Pflichterfüllung, sondern aus enttäuschtem Korpsgeist geborene Wut. Hux hat Angst vor seinem Meister, Snoke, Kylo Ren ist anscheinend gerührt von den Worten seines Vaters und tötet ihn dennoch. War das Böse in Episode I-III einerseits absolut, andererseits aus Dummheit und Naivität geboren und im Falle Vaders Frucht der Angst, ist es in „Die Macht Erwacht“ (eindeutig die bessere Übersetzung von The Force Awakens) menschlich. Wo Darth Vader erst am Ende von Episode VI wirklich human wirkt, ist es Kylo Ren von Anfang an. Driver gebührt hier das größte Lob, er wirkt verletzlich und wütend, spielt seine bisher beste Rolle. Einzig der Oberbösewicht ist und bleibt das pure Unheil.

Autor*in

Paul war seit Ende 2012 Teil der Redaktion. Neben der Gestaltung des Layouts schrieb Paul gerne Kommentare und ließ die Weltöffentlichkeit an seiner Meinung teilhaben. In seiner Freizeit studierte Paul Deutsch und Anglistik an der CAU.

Share.
Leave A Reply