Universitätsorchester lädt zum Semesterabschluss

Instrumente, die zum Teil mehrere hundert Jahre alt sind, zwei Top-Solist*innen und eine Programmauswahl der Extraklasse. Und das alles bei 30 Grad vor der Tür. Dieses Paket konnten die Zuhörer*innen am zweiten Juli-Wochenende im Audimax erleben. Das Universitätsorchester Collegium Musicum präsentierte Johannes Brahms‘ Doppelkonzert für Violine, Violoncello und Orchester (a-Moll, op. 102) und Peter Tschaikowskys Sinfonie Nr. 6 Pathétique (h-Moll, op. 74) im prall gefüllten Frederik-Paulsen-Hörsaal.  

Universitätsmusikdirektor Daniel Kirchmann lud die hochkarätigen Solist*innen Leo Esselson und Johanna Leitz zum Konzertieren an die CAU ein. Esselson, zurzeit Praktikant in den ersten Violinen des SWR Sinfonieorchesters, wurde u.a. bereits mit dem ersten Preis des Bundeswettbewerbs ‚Jugend musiziert‘ sowie mit seinem Quartett ‚Quartetto Paganino‘ mit dem WDR-Klassikpreis ausgezeichnet. Cellistin Leitz war Mitglied des Landesjugendorchesters Baden-Württemberg und ist ebenfalls Bundespreisträgerin des Wettbewerbs ‚Jugend musiziert‘. Neben ihrem Studium an der Hochschule für Musik Karlsruhe ist sie seit diesem Jahr Mitglied der Jungen Deutschen Philharmonie.  

Im ersten Stück des Abends, Brahms‘ Doppelkonzert, stellte das Collegium Musicum ganz wie vom Komponisten verlangt, sowohl die Violine als auch das Violoncello in den Vordergrund. Esselson und Leitz spielten ihre Instrumente dabei mit einer Präzision und Virtuosität, die sonst nur bei den ganz großen Meister*innen ihrer Fächer zu hören und zu sehen sind. Dabei verstanden sie sich darauf, keineswegs getrennt voneinander zu spielen oder sich gegenseitig ausstechen zu wollen, sondern schufen eine besondere Verbindung zwischen ihren Stimmen. Geige und Cello zeigen sich in Brahms‘ Komposition sowohl von ihrer starken, inbrünstigen als auch von ihrer zarten und verführerischen Seite, was Esselson und Leitz gekonnt vom Papier auf ihre Saiten transportierten. Das Publikum kam aus dem Schwärmen um die jungen Streicher*innen gar nicht mehr heraus und quittierten deren famose Leistung durch ausgiebigen Applaus. Durch den Standort des Forschungszentrums ‚Johannes Brahms Gesamtausgabe‘ genießen das Musikwissenschaftliche Institut sowie die Universität als Ganze eine tiefere Verbundenheit mit Brahms‘ Werk, welches hier in einem kleinen Auszug präsentiert wurde. 

Abgründe eines Meisters

Im zweiten Teil des Abends widmete sich UMD Daniel Kirchmann mit seinem Orchester der ‚Todes-Sinfonie‘ Pathétique des russischen Komponisten Peter Tschaikowsky, der nur wenige Tage nach deren Uraufführung im November 1893 verstarb. Alexander Lotzow, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent am Musikwissenschaftlichen Institut, schreibt in seiner Werkeeinführung von einer tiefen emotionalen Verknüpfung des Werkes mit dem Leben des Peter Tschaikowsky. Als homosexueller Mann im 19. Jahrhundert sei der Komponist mehr als schwierigen Lebensverhältnissen und gesellschaftlichen Problemen ausgesetzt gewesen. Das große Sinfonieorchester – nun verändert besetzt und verstärkt durch Posaunen, Trompeten, Flöten, Fagotte und eine Bassklarinette – folgte dem leidenschaftlichen Dirigat auf Schritt und Tritt und bahnte sich so den Weg durch die durchaus anspruchsvolle Partitur. Völlig ohne Noten, ja gar ohne Pult, leitete UMD Kirchmann sichtlich ergriffen durch Tschaikowskys imposantes Werk. Auch die schwierigsten, leichten und zarten Passagen inmitten der lauten, brüllhaften Takte, die durch scheppernde Blechbläser*innen und Trommelwirbel hinter Trommelwirbel geprägt sind, meisterten die etwa 80 Musiker*innen des Orchesters mit Exzellenz.  

© H. Metz

Das Publikum, sichtlich berührt von der Pathétique und der Performance des Collegium Musicums, ließ sich zum Ende des Konzertabends hin kaum noch auf den Sitzplätzen halten und so brach sich bereits vor dem letzten Satz der Sinfonie ein Zwischenapplaus bahn. Ein Fauxpas, bei dem viele Konzertgänger*innen sich jedoch sofort selbst ertappten und der nach wenigen Sekunden auch von allen anderen Zuhörer*innen unterlassen wurde. Nach dem letzten Satz jedoch wurden das Orchester mit seinen Solist*innen Louise Preuß am Fagott und Constantin Knabbe an der Klarinette und insbesondere Dirigent und Leiter UMD Daniel Kirchmann bis aufs Äußerste gefeiert! Stehende Ovationen inklusive.

Wen nun die Lust auf die Konzerte der Universitätsensemble gepackt hat, sollte auf dem YouTube-Kanal der Universitätsmusik Kiel vorbeischauen. Dort werden vergangene und zukünftige Produktionen zur Verfügung gestellt. 

Autor*in
Chefredakteur

Finn ist seit Februar 2024 Chefredakteur des ALBRECHTs. Zuvor hat er ein Jahr lang das Kulturressort geleitet. Er studiert seit dem Wintersemester 20/21 Englisch und Geographie auf Lehramt und ist seit dem WiSe 22/23 Teil der Redaktion.

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