Wenn nicht schon im Kindergarten anfängliche Berührungen mit dem Prinzip ‚Theater’ stattfinden, so folgen zumeist spätestens im Grundschulalter die ersten Ausflüge ins Schauspielhaus der Heimatstadt. Man sollte annehmen, ein Mindestmaß der alten Schule, also der grundlegenden Benimmregeln, die in den zum Teil hohen Häusern der Kulturlandschaft gelten, festigt sich in diesem Alter.  

Leider überzeugen immer wieder einzelne Bürger*innen ihre Mitzusehenden und die Darsteller*innen vom Gegenteil. Es wird gegrölt, zwischengerufen und gebuht. Am Pausencafé gedrängelt, die Garderobenmitarbeitenden angepampt und sprintartig der Saal verlassen, ohne dass sich die eigenen Handflächen auch nur einmal zum Applaus berührt haben – man muss ja als Erstes raus und rechtzeitig am Auto sein. 

Das skizzierte Verhalten ist so unfassbar arrogant, dass es mir als routiniertem Theatergänger im Grunde die Sprache verschlägt. Zumal es in erster Linie – um beim Beispiel Schauspiel zu bleiben – jene Leistung, die Darsteller*innen, Regie, Assistenzen und Mitarbeitende der Verwaltung und Organisation einer Produktion aufbringen, vollends verhöhnt. Es ist für viele kaum vorstellbar, wie viel Herzblut und stundenlange Arbeit, die sich bis ins letzte Detail erstreckt, in die Gesamtproduktion eines Theaterstückes fließen. Betrachtet man nun als einer von vielen Zuschauenden das Gesamtkunstwerk des Stückes auf der Bühne, so sollte man auch die künstlerischen Entscheidungen der Dramaturg*innen respektieren.

Das kann auch mal bedeuten, dass minutenlang echte Schüsse mit Platzpatronen in einem dunklen Saal fallen und so das gewaltvolle Ende eines Arbeiteraufstandes visualisieren, wie es bei Die Weber in der vergangenen Spielzeit am Theater Kiel zu erleben war. Wer dort dazwischenruft, es reiche jetzt, ja gar droht, ansonsten den Saal zu verlassen, der verkennt den Blick für die Kunst und offenbart den eigenen Egoismus. 

Autor*in
Chefredakteur

Finn ist seit Februar 2024 Chefredakteur des ALBRECHTs. Zuvor hat er ein Jahr lang das Kulturressort geleitet. Er studiert seit dem Wintersemester 20/21 Englisch und Geographie auf Lehramt und ist seit dem WiSe 22/23 Teil der Redaktion.

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