Schwedischer Uni-Alltag aus deutscher Perspektive

Häufig machen sich die Besonderheiten der eigenen Heimat erst so richtig bemerkbar, wenn wir in einem fremden Umfeld sind und Dinge anders gehandhabt werden. Während des ersten Monats unseres Auslandssemesters in Schweden haben die deutschen Studierenden Merle, Jonathan, Anna und ich gemerkt, dass wir dafür auch nicht erst um die halbe Welt fliegen müssen. Im Gegenteil: Auch bei geographisch- und kulturnahen Ländern gibt es Unterschiede, die selbst dann auffallen, wenn sie nur im Detail liegen. Schweden fühlt sich fast wie zuhause an. Aber eben auch nur fast

Auf dem Campus 

Im Uni-Alltag ist vieles wie an deutschen Unis, allerdings herrscht ein familiäreres Umfeld. Es wird sich generell geduzt, auch mit Professor*innen. Trotzdem ist es leicht zu vergessen, dass man nicht in Deutschland ist, da auf dem Campus auch häufig Deutsch zu hören ist, sagt Anna. Für die Anglistikstudentin sei auch die Unterrichtssprache keine Umstellung, da sie auch in Deutschland Seminare und Vorlesungen auf Englisch habe. Einen großen organisatorischen Unterschied gibt es dann aber doch: Jedes Semester ist in vier Abschnitte unterteilt, wobei die meisten Kurse nur über ein oder zwei Abschnitte gehen und die wenigsten sich über das gesamte Semester erstrecken. Es wird somit eher ein Kurs nach dem anderen belegt, statt alle Kurse gleichzeitig. Am Ende des Semesters gibt es auch keinen allgemeinen Prüfungszeitraum. Stattdessen finden Prüfungen jeweils am Ende der einzelnen Abschnitte statt. 
Eine Besonderheit des Uni-Alltages ist, dass immer wieder Gruppen von Studierenden in knallbunten Overalls über den Campus spazieren. Hierbei handelt es sich um eine typisch schwedische Studierendentradition. Je nach Studierendenvereinigung oder Fachschaft haben die Overalls unterschiedliche Farben und für besuchte Events können Aufnäher auf diesen aufgebügelt werden. Allerdings dürfen die Overalls nur gewaschen werden, während sie getragen werden. Von Wasserschlacht über im See Baden bis mit Overall Duschen ist alles möglich.  

Beim Einkaufen 

Abgesehen davon, dass es am Anfang durch die Sprachbarriere länger dauert, die richtigen Lebensmittel zu finden, sind schwedische Supermärkte den deutschen sehr ähnlich. Nur eines findet man definitiv nicht: herzhaftes Schwarzbrot. Stattdessen gibt es die Wahl zwischen Toast und mit Sirup gesüßtem Brot. Außerdem gibt es verschiedenste Brotaufstriche aus der Tube – unter anderem eine große Auswahl verschiedenster ‚Tubenkäse’. 
An der Kasse kann es allerdings manchmal zu Verwirrung kommen. Dem in Deutschland allzu bekannten ‚mit Karte bitte’ folgt in Schweden häufig eine unangenehme Stille, berichtet Jonathan.  Stattdessen wird es hier bereits erwartet, dass alle mit Karte zahlen, weshalb das Lesegerät immer schon bereit ist und nicht erst nach einer Aufforderung freigeschaltet werden muss. Sich daran zu gewöhnen, habe laut Jonathan einiges an Zeit gedauert und zeigt, wie sehr wir doch davon geprägt sind, wie Dinge in Deutschland gehandhabt werden. 

Unterwegs 

Eine Erfahrung, die Merle überrascht habe, sei, dass Autos tatsächlich an Zebrastreifen anhalten. Da dies in Deutschland nicht unbedingt gegeben sei und Fußgänger*innen extrem darauf achten müssen, ob die Autos bremsen, freue sie sich noch immer jedes Mal, wenn Autofahrer*innen für sie stoppen. Allerdings habe die Kombination aus Ampel und Zebrastreifen auch schon für Verwirrung gesorgt. In Deutschland stellt eine angeschaltete Ampel das höchste Gebot dar. Hier sei es jedoch der Fall gewesen, dass Autos für Merle trotz der für Fußgänger*innen roten Ampel aufgrund des vorhandenen Zebrastreifens angehalten haben. 
Trotz der vielen Ähnlichkeiten zwischen Schweden und Deutschland gibt es dann doch ein paar Dinge, an die wir uns hier zunächst gewöhnen müssen oder die vermisst werden.  

Autor*in

Lena studiert Deutsche Sprachwissenschaft und Englisch im Master an der CAU und ist seit November 2022 Teil der ALBRECHT-Redaktion. Sie ist vor allem im Lektoratsteam tätig.

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