Desillusioniert durch das Internet

Dass das Internet gefährlich ist und sein Gebrauch mit Vorsicht genossen werden muss, sollte ich niemandem erzählen müssen. Bei meiner ersten E-Mail-Adresse hatte ich das Glück, dass meine Eltern noch einigermaßen was zu sagen hatten, daneben saßen und mir den Tipp gaben, sie nur aus meinem Vornamen und Geburtstag zu erstellen. Andere hatten nicht so viel Glück; eine Kommilitonin meinte mal zu mir, sie hätte aus Versehen mit ihrer privaten Mail auf die Nachricht eines Dozenten geantwortet. Ich wusste nicht, warum das für sie so schlimm war, bis sie mir zeigte, wie ihre E-Mail-Adresse lautet: erdbeerteddyblubb@beispiel.de (keine echte E-Mail-Adresse).  

Wie alles begann 

Ich erstellte mir die Adresse damals mit dreizehn Jahren, um mich bei Facebook anmelden zu können. So konnte ich mein Profil dann mit sämtlichen Online-Spielen verknüpfen – alles im Namen von Prämien für Farmville. Dann fand ich heraus, dass einige meiner Mitschüler*innen auch schon Facebook hatten, schickte ihnen Anfragen und ich begann, Facebook nun auch als soziale Plattform zu nutzen. Ich schrieb dann mit ‚Freund*innen’, mit denen ich in der Schule sonst vielleicht zwei Worte wechselte. Irgendwann kam Instagram dazu, dann Snapchat, Twitter, Pinterest und so weiter.  

Als meine Eltern merkten, dass ich für eine Vierzehnjährige eigentlich viel zu viel Zeit am Handy verbrachte, musste ich es abends um 21 Uhr abgeben und bekam es kurz vor der Schule wieder. Mit zur Schule nehmen durfte ich es aber nicht (hab’s manchmal trotzdem gemacht, sorry Mama). Damals dachte ich, sie würden mich in meinem ganzen Leben einschränken, ich war unglaublich sauer. Heute wünschte ich mir, dass mehr Eltern so oder so ähnlich mit ihren Kindern umgehen würden. Kinder, die durch Instagram, TikTok usw. scrollen, bekommen lustige, süße, schöne Inhalte zugespielt, aber auch unangemessene, gruselige oder sogar gefährliche Inhalte können in ihrem Feed landen. Für sie ist das Internet stellenweise wirklich nicht geeignet, vor allem, wenn man bedenkt, wie leicht es ist, sich auf Pornhub und Co. bestimmte Inhalte anzusehen. Bei den meisten dieser Inhalte steht nicht einmal fest, ob es sich um ein Video handelt, in dem alle Beteiligten mit der Veröffentlichung einverstanden, mindestens achtzehn Jahre alt und nicht verwandt sind.  

Politik und das Internet sind Besties 

Wahrscheinlich deutlich häufiger in Benutzung sind soziale Medien. Sie sind benutzerfreundlich und es ist kinderleicht, den eigenen Senf zu sämtlichen Themen dazuzugeben und Stories und Beiträge zu posten. Über soziale Medien suchen wir uns aus, was wir sehen. Wir entscheiden, wem wir folgen und was wir liken. Naja, zumindest teilweise; schließlich ist es der Algorithmus der jeweiligen App, der uns dort Dinge zeigt, die uns gefallen könnten, und uns festhält. Den Button zu drücken, um die App herunterzuladen, ist kostenlos. Die App selbst kostet uns dann aber unsere Zeit. Zeit, mit der man so viel sinnvollere Dinge tun könnte als zu scrollen, zu liken und Gedanken von anderen anzuhören – vorerst ohne die Richtigkeit dieser Inhalte zu prüfen.  

Schließlich bin ich der Person ja gefolgt, alles was sie bis dahin gepostet hat, hatte ja auch irgendwie Sinn ergeben, warum sollte ich das jetzt bei dieser einen Sache überprüfen? Keine politische Partei hat von dieser Moral mehr profitiert als die AfD. Sie sind, wenn man (meist anonymen) Kommentaren unter öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Beiträgen glaubt, die letzte Partei, die Deutschland noch retten kann, vor den links-grün versifften, woken und queeren Greta-Anhänger*innen. Und vor Annalena Baerbock. Oder Ricarda Lang. Ob das alles wirklich so stimmt, was diese antidemokratische Partei erzählt oder ob alle ihre Vorschläge so überhaupt umsetzbar sind, wird von den meisten, häufig sehr jungen Leser*innen, erstmal nicht hinterfragt. Aber sobald sich jemand kritisch dazu äußert, wählt die Person Grün und ist vegan. Andersrum geht es aber auch: sobald sich jemand kritisch zum Gendern, zu Veganismus oder zur queeren Community äußert, kommt aus irgendeiner anderen Ecke jemand, der einem vorwirft, rechts oder rechtsextrem zu sein. Das Internet lässt einen manchmal vergessen, dass es nicht nur schwarz und weiß, sondern auch sehr viele Graustufen gibt.  

Sicher ist das unsicher 

Genauso leicht wie Sachen zu posten, ist es, Sachen zu löschen. Außer jemand macht einen Screenshot. Aber auf Snapchat ist alles nur einmal sehbar, einmal wiederholbar und Screenshots werden angezeigt. Ist ja komplett sicher. Außer der gegenüber hat ein zweites Gerät mit Kamera. Aber sowas macht ja niemand, oder? Leider doch. Wie oft gab es doch den Fall an meiner Schule, dass jemand dem Crush ein freizügiges Bild geschickt hat und am nächsten Tag die ganze Klasse, im schlimmsten Fall sogar die ganze Schule, von dem Bild wusste oder es sogar selbst auf dem Handy hatte, weil es durch die Klassengruppen die Runde gemacht hatte.  

Seid euch bewusst über das, was ihr welchen Leuten schickt und was ihr postet. Bringt euch selbst und anderen bei, dass es auch keine Schande ist, Beiträge zu melden. Eine Meldung eines eindeutig verstörenden Inhaltes, sei es ein Kommentar oder ein ganzer Beitrag, ist etwas Gutes für alle, die das Internet regelmäßig nutzen und auch weiter nutzen möchten. Der Algorithmus kann nicht direkt unterscheiden, was genau jetzt gefällt, was verstört und erst recht nicht immer die Kommentare, die deiner Meinung sind, nach oben spülen. Und wenn dann bei dir selbst unzensierte, verstörende Inhalte im Feed sind, frag dich: Würde ich das Bild oder den Text auch meinen Großeltern oder meinen Kindern zeigen? Schließlich haben so gut wie alle einen Social Media Account oder mit einer E-Mail-Adresse zumindest die Option, sich einen zu erstellen, wenn sie auch noch so peinlich ist. 

Autor*in
Ressortleitung Gesellschaft

Svea studiert Geschichte und Politikwissenschaft im Profil Fachergänzung. Sie ist seit November 2023 Teil des Albrechts und seit Januar 2024 übernimmt sie die Leitung für den Gesellschaftsteil.

Share.
Leave A Reply