Das Kieler Privattheater Die Komödianten wird 40

Feierte das Kieler Privattheater Die Komödianten 2023 noch bescheiden das 30-jährige Jubiläum ihres Sommerklassikers Der kleine Prinz, stehen für 2024 viel größere Feierlichkeiten an: Vor 40 Jahren lud Markus Dentler erstmals Publikum in den Saal ein. Feste Sitzplätze gab es damals nicht, nicht zuletzt, weil es dem Theater noch an Bestuhlung fehlte. Anstelle von Geld tauschten die Zuschauer*innen den eigens mitgebrachten Sitzplatz gegen Eintritt. Darf man der Festschrift des Theaters glauben, standen bei der Eröffnungspremiere “ein Stuhl, ein Sofa, eine Kirchenbank” im Saal. Auch wenn Bestuhlung und Ort mittlerweile ein Update verpasst wurden – das Windhundverfahren der Sitzplätze bleibt beständig. 

Mittlerweile stehen Stuhl und Sofa jedoch nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne. Am 28. Dezember brauchte es kaum mehr, um die Bühnenpräsenz von Rafaela Schwarzer zu unterstreichen. Es verblüfft an diesem Abend, wie die Zuschauenden nur durch Stuhl, Sofa, Sessel und Tisch zu dutzenden Schauplätzen verführt werden können. Die Frau des Michelangelo, die eigentlich die Ehefrau von Antoine ist, findet die Frage “Was kosten Sie?” beim näheren Nachdenken keineswegs empörend, sondern vielmehr charmant. Als Hausfrau mit einer durchschnittlichen Ehe wittert sie in der Hotelbar des Michelangelo endlich wieder ein Abenteuer. Trotz des moralischen Dilemmas lässt sie sich auf diesen fragenden Herren ein, der im weitesten Sinne lediglich eine Affäre sucht. 

Die Eingangsfrage des Unbekannten wird aber bald zu einem ernstzunehmenden Problem. Wie nun das Geld verstecken, das die Affäre ihr regelmäßig zusteckt? Durch das monologische Schauspiel reflektiert die Frau immer wieder ihr seltsam untypisches Verhalten. Aus dem Abenteuer und dem Versuch, der besten Freundin zu beweisen, dass sie keineswegs langweilig ist, wird bald sehr viel mehr. Es eröffnen sich mehrere Auswege aus ihrer Situation, die eng an ein Spiel mit Lüge und Wahrheit gekoppelt sind.  

Zwischen zahlreichen Figuren- und Schauplatzwechseln switcht Rafaela Schwarzer an diesem Abend überaus humorvoll hin und her. Die zweideutig komischen Aussagen werden mit lautem Lachen honoriert, die überzeugende Tanzeinlage steigert sich gekonnt zu einer Pointe und anders als die Tochter der Protagonistin, die dem Unterricht nur touristisch beiwohnt, hängen an diesem Abend alle an den Lippen der Künstlerin Schwarzer. Für die knapp 90-minütige One-Woman-Show wurde eine geschickte Pause gewählt, die der Schauspielerin Zeit zum Durchatmen und dem Publikum freudige Gespräche bescherte. 

Bedauerlicherweise war die Silvestervorstellung 2023 zunächst der letzte Spieltag dieses Werks in Kiel. Der Besuch ist allerdings allemal Anlass, auch unabhängig vom Stück für das kleine Privattheater zu werben. In diesem Haus geht es nicht vorrangig um große kanonische Werke, sondern oft um Einzelperformances, die mit der Simplizität von Theater spielen. Wer den Raum in der Wilhelminenstraße betritt, ist schnell umgeben von vielen freudigen Bekanntschaften. Links und rechts grüßt man sich, das Wort “Theaterfreund*in” offenbart sich hier in einer ganz reizenden Ehrlichkeit. Die kleine Bar und Garderobe am Eingang versetzen in heimische Gefühlswelten. Die Frage “Was kosten Sie?” lässt sich immerhin für die Stühle im Zuschauer*innenraum ungeniert beantworten: Studierende erhalten Karten für das schnuckelige Privattheater meist für erschwingliche acht Euro. 

Autor*in
Ressortleitung Kultur

Lena studiert Deutsch und Englisch und ist seit November 2020 Teil der Albrecht-Redaktion. Sie schreibt gern Kultur-Artikel und leitet seit Januar 2024 das Kultur-Ressort.

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