Ein Kommentar zur Statue im Foyer des Juridicums

„Der Verein Kiels gelehrtes Erbe möchte die im Krieg zerstörten Statuen rekonstruieren und wirbt dafür um Spendengelder.“ heißt es in einem Zeitungsartikel aus dem Jahre 2013, der diesen Mai am Fuß der neuen Statue im Foyer des Juridicums auslag. Dem Artikel unbekannter Quelle lässt sich entnehmen, dass es sich dabei um Solon handelt, der legendäre Reformer der Verfassung Athens, verstorben 560 vor Christus.

Prof. Rudolf Meyer-Pritzl bezeichnet ihn als „Vorbild für alle Juristen“, denn er verkörpere das Motto der Universität (pax optima rerum) als Mediator in Konflikten und Mitbegründer europäischer, demokratischer Leitwerte im Recht. Solon ist einer von vier antiken Philosophen, die als Repräsentanten der vier Gründungsfakultäten bis zur Bombardierung 1945 die Hauptpforte der Universität schmückten. Zusammen mit Platon, Hippokrates und Aristoteles sollen nach und nach alle vier Statuen bald wieder auf dem Campus vertreten sein.  

Bild: Eileen Linke

Wenn ich Solon sehe, beeindruckt mich die Kunstfertigkeit antiker Plastiken. Es macht damit die Uni zu einem schöneren Ort. Und das Motiv symbolisiert wichtige Werte, sowohl für die Uni allgemein, als auch ganz einfach für mich, in meinem Studium. Wenn ich Solon sehe, habe ich auch das Gefühl, ich kann mich auf eine lange Geschichte der Universität stützen und schaue mit Zuversicht in die Zukunft, in der ich dieses Werk vielleicht fortsetzen und erweitern kann. 

Die Problematik entsteht also nicht aus dem Motiv oder der Form, sondern durch ihren Kontext. Dass Solon kommentarlos aufgestellt wurde, ohne die Studierenden miteinzubeziehen. Dass hier, kommentarlos, auf die Reproduktion einer 2 000 Jahre alten Figur des griechischen Adels als Repräsentation unserer ‚europäischen’, demokratischen und wissenschaftlichen Werte zurückgegriffen wurde, ohne Alternativen in Betracht zu ziehen oder diese kritisch zu bearbeiten. Wir sollten uns daher heute nicht mehr in Nachfolge einer antiken, griechischen Hochkultur verstehen, sondern als Erben vielfältiger und mehrdeutiger Quellen, die Traditionen kritisch weiterführen wollen. Und dieses Potenzial sehe ich bei ‚unserem’ Solon ignoriert. Darum möchte ich dafür plädieren: Wir müssen reden!  

Autor*in

Hier veröffentlicht DER ALBRECHT seine Gastartikel – eingesandt von Studierenden, Professor*innen und Leser*innen der Zeitung.

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