Negative Verstimmungen in den Wintermonaten

Wenn die Tage kürzer werden, fühlen sich viele Menschen vermehrt bedrückt, schlafen mehr und verspüren öfter eine geringere Konzentrationsfähigkeit. Hierbei ist in der Gesellschaft ein Spektrum an Stimmungsveränderungen zu beobachten. Manche Menschen erfahren keine negativen Veränderungen abhängig von der dunklen Jahreszeit. Andere fühlen sich durch diese beeinträchtigt in ihrer Stimmung, bis hin zu Menschen, welche die Kriterien einer saisonalen affektiven Störung erfüllen. Diese ist im Volksmund mehr unter dem Term ‚Winterdepression’ bekannt. Laut dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen liegt in den USA und Europa die Prävalenz von Herbst- und Winterdepressionen bei 1-10 Prozent, wobei in weiter nördlich gelegenen Ländern eher hohe Werte erwartet werden können. 

Es werden verschiedene Aspekte mit  der Ausbildung negativer Verstimmungen im Winter in Verbindung gebracht. Einer davon ist ein erhöhter Melatoninspiegel früher am Tag. Dies liegt daran, dass Licht, vor allem blaues Licht, zu einer Hemmung der Melatoninproduktion in der Zirbeldrüse, einem Teil des Zwischenhirns, führt. Melatonin ist an der Modellierung unseres Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt und ein erhöhtes Vorkommen im Körper verstärkt das Gefühl von Müdigkeit. Neben dem Melatonin ist auch Serotonin mit der Befindensveränderung im Winter assoziiert. Dieses wird zu Winterzeiten geringer produziert, weswegen es auch eher zu einer gedrückteren Stimmung, einer erhöhten Energieaufnahme und einer Beeinträchtigung des Schlaf-Wach-Rhythmus kommt. 

Um die Lebensqualität zu steigern, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Körperliche Bewegung zählt dazu, vor allem Ausdauersport wie Radfahren, Joggen und Schwimmen kann in längerer Betätigung zu einem erhöhten Serotoninspiegel führen. Es kann jedoch auch schon ein Spaziergang während der Sonnenstunden hilfreich sein. Hierdurch wird zu wenig Vitamin D im Körper entgegengewirkt. Dieses ist unter anderem wichtig, weil Vitamin D an der Herstellung von Serotonin beteiligt ist. Serotonin kommt auch in manchen Lebensmitteln vor, beispielsweise in Bananen. Jedoch hilft das Essen von Bananen nicht dabei, den Serotoninspiegel im Gehirn zu erhöhen, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann. 

Zum Thema ‚Glück in der dunklen Jahreszeit’ haben wir auch Dozent*innen der CAU nach ihrer Ansicht befragt: 

Prof. Dr. Uwe Jensen, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät (Institut für Statistik und Ökonometrie) 

Etwa 50 Prozent der Variation individuellen Glücks hat genetische Ursachen. Der, dessen Glas eher ‚halb voll‘ als ‚halb leer‘ ist, wird auch in der dunklen Jahreszeit einen deutlichen Vorteil haben. Weitere 20 Prozent der Glücksvariation werden von den Lebensverhältnissen (Alter, Geschlecht, Gesundheit, finanzielle Lage, Arbeit) bestimmt. An diesen kann man kurzfristig wenig ändern, langfristig schon – und das sollte man auch! Wer seine Gesundheit systematisch ruiniert, finanzielle Sorgen hat oder einen nervigen Job, wird darunter an einem düsteren Novembertag noch etwas mehr leiden als am Strand im Juli. Die nächsten 20 Prozent der Variation hängen von bewussten Aktivitäten ab. Es hilft, einen positiven Zugang zu sich und der Umwelt zu haben, Resilienzstrategien zu kennen, Ziele und Lebenssinn zu haben, Sport zu treiben, es sich mal mit lieben Freunden gemütlich zu machen (‚hygge‘) und in allem ein vernünftiges Maß zu wahren (‚lagom‘). Glückliche Menschen haben nicht das Beste von allem, sondern machen das Beste aus allem – auch im Kieler Februar. 

Prof. Dr. Dr. Hendrik Klinge, Theologische Fakultät (Institut für Systematische Theologie) 

Es ist Winter, die Bahn fährt mal wieder nicht, der Herd ist kaputt. Und dann muss ich auch noch glücklich sein? Das Thema Glück ist in der evangelischen Theologie höchstens ein Randthema. Dies mag überraschend erscheinen, gehört doch die Theologie zu jenen Fächern, deren Bedeutung darin gesehen wird, eine Antwort auf die Frage nach dem gelingenden Leben zu geben. Daher gab es auch immer wieder verdienstvolle Versuche, sich dem Thema ‚Gott und Glück’ anzunähern. Persönlich glaube ich aber, dass die Theologie in der Tat alles andere ist als eine Glückswissenschaft. Gleichgültig wie man den ohnehin ambiguen Begriff des Glücks übersetzt: In den biblischen Schriften spielt er nur eine sehr untergeordnete Rolle. Wenn die Theologie etwas zur Frage nach dem Glück beitragen kann, so ist das meines Erachtens zunächst dies: Die penetrante Forderung, trotz aller Widrigkeiten glücklich sein zu müssen, ist eine Zumutung. Persönlich bin ich sehr glücklich darüber, meistens glücklich zu sein. Es gibt aber auch so etwas wie ein Recht aufs Unglücklichsein. Nicht nur permanent grinsend, sondern auch mit gebeugtem Haupt kann man in das Reich Gottes eingehen.  

PD Dr. Viktoria Bachmann, Philosophische Fakultät (Philosophisches Seminar; Praktische Philosophie) 

Die Redaktion fragt scheinbar harmlos nach den Mitteln (wie?) zum Glück. Das Verständnis des Glücks (was?) scheinen sie dabei vorauszusetzen. Denn nur dann, wenn man weiß, was Glück ist, kann man sinnvoll den Weg zu diesem angeben. Was ist denn Glück? Die Redaktion scheint das Glück für etwas so Empfindliches zu halten, dass die jahreszeitspezifische Lichtmenge eine besondere Herausforderung bietet. Was könnte sie also darunter verstehen?  

Physiologisch hat die Lichtmenge beispielsweise einen Effekt auf unseren Stoffwechsel. Ist Glück vielleicht ein von der Sonnenstrahlung verursachter Zustand? Dann wären wir im Sommer stets glücklich und eine Lösung für den Winter könnte der regelmäßige Besuch eines Sonnenstudios sein. Dem widersprechen allerdings Begegnungen mit Menschen, die sich sommers wie winters beklagen oder aber nie Probleme haben. Vermutlich meint auch die Redaktion nicht, dass Glück einzig von der Lichtmenge abhängt. 

Alternativ könnte gemeint sein, dass die kurze Tagphase unsere Möglichkeiten einschränke, tätig zu sein, unseren Wünschen und Zielen nachzugehen. Glück wäre dann verstanden als ein Zustand erfüllter Wünsche und erreichter Ziele. In diesem Fall könnten wir versuchen, auch im Dunkeln unseren Wünschen nachzugehen, indem wir beispielsweise elektrisches Licht nutzen. Das allerdings tun wir schon längst. Und eigentlich klagen viele Menschen eher darüber, dass sie viel zu viel tun und nie zur Ruhe kommen, als dass ihnen die Möglichkeiten zur Aktivität fehlen würden. Auch das kann also nicht gemeint sein… 

Anstatt an dieser Stelle weiter zu spekulieren, welche Vorstellung die Redaktion wohl ihrer Frage zugrunde gelegt hat, möchte ich alle Leser*innen, die über die Mittel zum Glück nachsinnen und dessen Fehlen bedauern, lieber dazu ermuntern, ihre unterstellte, dunkle Vorstellung nach sokratischem Vorbild selbst in den Blick zu nehmen und zu fragen, ob dies wirklich Glück sein kann, was sie dafür halten. Bei dem Versuch, diese Frage systematisch auch anhand der Konzeptionen der Philosophiegeschichte aufzuklären, verliert sich vermutlich das anfängliche Unbehagen – winters wie sommers. 

Prof. Dr. Paul Saftig, Biochemisches Institut (Molecular Cell Biology and Transgenic Research)

Die Ausschüttung, Erkennung, Regulation der neuronalen Botenstoffe Dopamin, Serotonin, Oxytoxin und Endorphin sind wahrscheinlich die wichtigsten Prozesse im menschlichen Körper, bzw. Gehirn die unseren Glück- beziehungsweise Zufriedenheitszustand charakterisieren. Diese biologischen Schalter signalisieren eine Belohnung für „glückliche Umstände“, wie Erfolg, soziale Integration, Nahrung und Reproduktion. Die Balance dieser Neurotransmitter und die richtige Antwort über geeignete Rezeptorsystemen und neuronale Signalwegen ist von Bedeutung.

Das Funktionieren und leider auch in manchen Fällen das Nicht-Funktionieren unseres „Glücks-Systems“ ist teilweise genetisch und sogar epigenetisch (das heißt durch nachträgliche Veränderung der genetischen Information) determiniert. Unser Glücksempfinden gestaltet sich also sehr individuell, alters und geschlechtsabhängig und wird durch verschiedene Gehirnregionen geprägt. Gute Ernährung, stressreduziertes Leben und sportliche Aktivitäten sind durchaus mit einem verbesserten biochemischen Glückstatus assoziiert.

Autor*in

Maria studiert Psychologie, Philosophie und Informatik und ist seit 2022 Teil der ALBRECHT Redaktion. Im Zeitraum von Januar 2022 bis Januar 2024 gestaltete sie den Weißraum, unsere Kreativ-Seite im Print.

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Veronique studiert Soziologie und Politikwissenschaft. Ihre Freizeit verbringt sie gerne in der Natur und auf Reisen. Aufgrund ihrer Liebe zum Meer ist Veronique in den Norden gezogen und entdeckt ihre neue Wahlheimat für sich.

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